Würzburg: Missbrauch in Kinderheim?
Schwere Vorwürfe: ein Mann und eine Frau werfen dem Heim Wickenmayer'sche Kinderpflege in Würzburg unter anderem sexuellen Missbrauch vor. Auch körperliche Gewalt soll es vor etwa 50 Jahren dort gegeben haben. Geführt wurde das Heim damals von Schwestern des Erlöserordens. Sie sollen die Übergriffe geduldet, selbst teils auch involviert gewesen sein, behaupten die mutmaßlichen Opfer.
Der Orden und auch Bischof Franz Jung haben Aufarbeitung angekündigt. Entsprechende Kommissionen sollen ins Leben gerufen werden. Am 20. Juli findet ein Gespräch von Betroffenen und Bischof Jung statt.
Gespräch mit einem mutmaßlichen Opfer:
Diese Redaktion hat mit einem Mann gesprochen, der erklärt, Opfer sexueller und körperlicher Gewalt geworden zu sein. Seinen Namen möchte er nicht öffentlich machen. Der Mann war nach eigenen Abgaben von 1968 bis 1984 in dem Würzburger Heim. Dort habe er körperliche Gewalt erfahren – sei unter anderem mit einem Holzfeger so lange geschlagen worden, bis der Stiel abbrach. Andere Heimkinder seien nicht so brutal geschlagen worden, so der Mann. Behandelt worden seien verletzte Kinder im gegenüberliegenden Krankenhaus, von einzelnen Ärzten. Auch von sexuellen Übergriffen der sogenannten „Prügelnonne“ berichtete er. Dazu sei es unter anderem beim Fernsehschauen und beim Duschen gekommen. Einen Fall räumte die Beschuldigte ein. Der Erlöser-Orden habe ihm 4.000 Euro zur Anerkennung des Leids überwiesen, das Geld sei noch unversehrt auf dem Konto. Diese Summe akzeptiere er nicht. Nach dem Schulabschluss habe er der Schwester eine Ohrfeige gegeben und sei deshalb aus dem Heim geflogen. Er zog vorübergehend zu seiner Mutter, begann dann aber eine Ausbildung in Aschaffenburg. Heute lebt er in der Nähe von Baden-Baden.
Noch immer beschäftigt ihn die Frage: „Warum bin ich anders behandelt worden als andere?“. Jahrelang dachte er, dass habe an seinem familiären Hintergrund gelegen: Seine Schwester erfand einen amerikanischen Vater. Amerikanische Soldaten waren damals in Würzburg stationiert, deshalb glaubte der Mann die Geschichte nach eigenen Angaben. Jahre später wollte er ihn über eine TV-Sendung suchen lassen. Da sei die Schwester mit der Wahrheit herausgerückt und habe ihm erklärt, er sei ein Inzuchtkind. Die beiden haben keinen Kontakt mehr. Noch heute verfolge ihn das Erlebte. Er hat drei gescheiterte Ehen hinter sich, spricht davon, beziehungsunfähig zu sein. Zur Aufarbeitung hat der Mann schon einige Therapien gemacht, weitere werden aber folgen, kündigte er an.