Barrierefreiheit: Diese Richtlinien regeln das barrierefreie Internet
Barrierefreie Zugänge zu Bahnhöfen, Geschäften und Behörden sind mittlerweile selbstverständlich – viele Einrichtungen haben auch in Würzburg bereits umgebaut oder sind zumindest für das Thema sensibilisiert. Ganz anders sieht es jedoch auf zahlreichen Websites aus: Doch das barrierefreie Internet ist für Menschen mit einer körperlichen Behinderung mindestens ebenso wichtig wie Barrierefreiheit in der analogen Welt. Wie die derzeitigen Bestimmungen sind und worauf es bei der sogenannten Web-Accessibility ankommt, klärt unser Artikel.
Status quo: Barrierefreie Website ist für Behörden Pflicht
Barrierefreie Websites sind für Behörden in Deutschland Pflicht: Das stellt die "Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung" (BITV) sicher. Das Gesetz trat erstmals im Juli 2002 in Kraft und wurde zuletzt 2011 aktualisiert und erweitert. Es soll sicherstellen, dass jeder Mensch in Deutschland die Websites von Bundesbehörden ohne Einschränkungen nutzen kann. Die Richtlinien beruhen dabei weitgehend auf den Bestimmungen der Web Accessibility Initiative, die sich bereits seit der Gründung 1997 für eine umfassendere Zugänglichkeit des World Wide Webs einsetzt. Diese zum W3C (World Wide Web Consortium) gehörende Institution erarbeitete die sogenannten "Web Content Accessibility Guidelines" (WCAG), die weltweit die Grundlage für Gesetze und Richtlinien zur Barrierefreiheit bilden. Diese Richtlinien umfassen unter anderem, dass für Bilder auf Websites alternative Texte hinterlegt werden müssen, die das Gezeigte kurz beschreiben. So können auch sehbehinderte Menschen durch spezielle Software für Sprachausgabe – sogenannte Screenreader – die Website nutzen. Zudem müssen die Inhalte auch mit der Tastatur abrufbar sein; das ist beispielsweise für Menschen mit motorischen Einschränkungen wichtig. Vom EU-Parlament wurde im vergangenen Jahr ein noch grundlegenderer Beschluss getroffen: Demnach müssen künftig alle öffentlichen Stellen – auch auf kommunaler Ebene – ihre Websites und Apps für Blinde, Gehörlose und schwerhörige Menschen zugänglich machen. Damit sind zumindest die Grundsteine gelegt, um Barrieren im Web abzubauen.
Aufsehenerregendes Urteil in den USA: Supermarkt muss Onlineshop barrierefrei machen
Private und kommerzielle Websitebetreiber sind hingegen bisher noch nicht verpflichtet, die Richtlinien des BITV oder des WCAG umzusetzen. Dementsprechend gibt es in diesem Bereich noch viel Nachholbedarf. Allerdings sorgte ein Urteil in den USA für Aufsehen: So wurde dem US-Amerikaner Juan Gil von einem Gericht in Florida Recht gegeben, nachdem er die Supermarktkette Winn-Dixie verklagt hatte. Da der Onlineshop nicht nach den WCAG-Standards erstellt wurde, konnte er sich als sehbehinderter Mensch die einzelnen Elemente nicht via Sprachausgabe präsentieren lassen. Der Richter gab ihm Recht und sah einen Verstoß gegen den "Americans with Disabilities Act" (ADA). Ob das Urteil internationalen Vorbildcharakter bekommen wird, bleibt abzuwarten. Sicher aber ist, dass es auch private und kommerzielle Website-Betreiber weiter für das Thema Barrierefreiheit sensibilisieren dürfte.
Was können private Websitebetreiber für mehr Barrierefreiheit unternehmen?
Natürlich sollte es auch im Interesse von privaten und kommerziellen Webmastern sein, ihre Inhalte umfassend zugänglich zu machen – nicht zuletzt, da mit der Umsetzung ohnehin eine bessere Navigation und Übersicht der Website erreicht wird. Idealerweise erstellt man Websites also von vornherein nach WCAG-Standards. Das heißt unter anderem:
- Alle multimedialen Inhalte mit Alternativtexten und Untertiteln versehen
- Alle Funktionen mit der Tastatur zugänglich machen
- Inhalte verständlich und gut lesbar machen
- Komplizierte Inhalte in einfacher Sprache bereithalten
- Die Website für alle Endgeräte und gängige Browser optimieren
Weitere Informationen zu den Richtlinien, der Umsetzung und zur Teilhabe am barrierefreien Internet stellt die Aktion Mensch auf der Website www.einfach-fuer-alle.de bereit.
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